Gewöhnliche Nachtkerze

Oenothera biennis Nachtkerzengewächse

Die Nachtkerze ist ein Turboblüher, also das ist meine eigene Wortschöpfung. Die Blüten entfalten sich teils so schnell, dass man zuschauen kann. Sie blühen auch über Nacht, daher der Name und verwelken am nächsten Tag. Die Blüte trägt 4 Blütenblätter. Die Pflanze ist zweijährig, daher trägt sie auch den botanischen Artnamen biennis. Bi bedeutet in Zusammensetzung 2 oder doppelt.
Der Gattungsname ist Oenothera; seine Herkunft ist nicht klar. Die Nachtkerze wächst auf Ödland, Schuttplätzen und auf Dämmen. Sie ist recht weit verbreitet, in ganz Europa beheimatet und findet sich noch in Höhen von über 1000 m.
Die fleischige, rötliche Wurzel aß man früher als Gemüse, sie wurde mit Essig und Öl angemacht oder in Fleischbrühe gekocht. Man maß ihr eine große Kraft bei, Kranke schnell wieder fit werden zu lassen.
In früheren Zeiten wurde der Nachtkerze keine große Heilwirkung zugeschrieben. Erst als 1919 entdeckt wurde, dass die Samen einen hohen Anteil an Gamma-Linolsäure enthalten (6 - 14 %), änderte sich das mit einem Schlag. Gamma-Linolensäure ist eine essentielle (lebensnotwendige) Fettsäure und verantwortlich für die Bildung von Prostaglandinen. Dieser Stoff ist für viele Organfunktionen wichtig, ein Mangel an Prostaglandinen, z. B. durch zu fettes Essen oder durch Alkoholmissbrauch, zeigt sich durch Nachlassen der körperlichen und geistigen Spannkraft. Die Gamma-Linolsäure bildet die Vorstufe zur Bildung von Prostaglandinen, diese wiederum kontrollieren die Talgabsonderung auf der Haut, was für deren Geschmeidigkeit wichtig ist. Sie regulieren die weiblichen Sexualhormone und wirken gefäßerweiternd, ferner sind Prostaglandine für den Muskelaufbau notwendig. Ein Mangel an mehrfach ungesättigten Fettsäuren, wie der Gamma-Linolsäure, zeigt sich in unter anderem in brüchigen Fingernägeln und Haaren, trockener Haut und Schuppen. Noch mehr Gamma-Linolsäure enthält übrigens der Borretsch mit bis zu 23%. Nachtkerzenöl empfiehlt sich daher zur allgemeinen Versorgung des Körpers mit essentiellen Fettsäuren, bei Alterserscheinungen und Schwächezuständen. Es aktiviert den Stoffwechsel, steigert die Leistungsfähigkeit und sorgt für allgemeines Wohlbefinden innerlich wie äußerlich. Nachtkerzenöl wird in Kapselform zum Einnehmen und auch als Hautöl, Reinigungsmilch und Creme zur Schönheitspflege angeboten. Gerade für Menschen mit empfindlicher oder trockener Haut empfehlen sich Produkte, die Nachtkerzenöl enthalten, auch wenn sie im Vergleich zu anderen Cremes und Lotionen etwas teurer sind. Das liegt in der aufwendigen und zeitintensiven Herstellung des Nachkerzenöls. War die Heilwirkung der Nachtkerze noch nicht bis Europa vorgedrungen, so nutzten die peruanischen Indianer und Chilenen schon früher die Wirkung der Roten Nachtkerze (Oenothera multicaulis) als wundheilendes Mittel bei Verletzungen und Prellungen sowie bei Magenverstimmungen und Nierenreizungen. Diese Pflanze wird dort chupa-sangre "Bluttrinker" genannt und gilt als ausgezeichnetes Heilmittel. Die Gemeine Nachtkerze kam erst 1640 von Amerika nach Europa und wurde zuerst nur als Zierpflanze gehalten.  Weitere deutsche Namen waren Gelbe Nachtkerze, Garten-Rapunzel und Rapontik.