Gefleckter Schierling

Conium maculatum Doldengewächse

Bestimmungsmerkmale:
Die weißen Blüten des Gefleckten Schierlings haben 5 Blütenblätter und stehen in Dolden, die aus 7 - 15 Strahlen bestehen. Am Grund der Dolden sitzen zahlreiche Hüllblättchen. Die Pflanze blüht von Juni - August und entwickelt graugrüne bis bräunliche, gekerbte Früchte. Die Blätter sind 2 - 3fach gefiedert, ihre Oberseite ist dunkelgrün,  die Unterseite graugrün gefärbt. Die einzelnen Blattabschnitte sind grob gezähnt. Der Stängel des Gefleckten Schierlings ist hohl, fein gerillt und bläulich bereift. Im unteren Bereich ist der Stängel rot gefleckt. Die Pflanze wird 1 - 2 m hoch und riecht unangenehm nach Mäuseharn. Eine Unterscheidung des Gefleckten Schierlings mit anderen Doldengewächsen ist für den Laien recht schwierig. So ist insbesondere beim Sammeln von ähnlichen Pflanzen als Wildgemüse und Gewürz, wie Kerbelkraut, Samen von Kümmel und Anis sowie Petersilienwurzeln äußerste Vorsicht und genaue Bestimmung der Arten erforderlich (siehe auch Bilder ganz unten auf der Seite). Früchte des Schierlings riechen nicht aromatisch und sind dünner, als die Früchte des Kümmels.

Standort und Verbreitung:
Der Gefleckte Schierling wächst auf Brachland, an Wegen, auf Äckern und auch in Gärten. Er braucht stickstoffhaltigen, feuchten Lehmboden.
Man findet ihn in Mittel- und Südeuropa, bis nach Südskandinavien.

Giftstoffe, Wirkung und Symptome:
Schierling zählt zu den giftigsten Pflanzen, die wir kennen.
Die gesamte Pflanze, vor allem aber die unreifen Früchte, enthalten das stark giftige Alkaloid Coniin.
Dieses Gift kann auch sehr schnell durch die Haut eindringen. Bei einer Vergiftung kommt es zu Brennen im Mund, zu erhöhtem Speichelfluss, Schluckbeschwerden und Lähmung der Zunge. Der Vergiftete leidet unter starkem Erbrechen, unter Durchfall und unter Schweißausbrüchen. Bei tödlichen Dosen beginnt aufsteigende Lähmung in den Füßen, die sich über den ganzen Körper fortsetzt. Der Tod kann schon nach 30 Minuten durch Atemlähmung erfolgen. Der Patient ist dabei meist bei vollem Bewusstsein.

Tiergiftig:
Die Pflanze ist auch für Pferde, Rinder und Kühe, Schweine, Hunde und Katzen, Hasen, Kaninchen und Meerschweinchen sowie für Vögel stark giftig. Die frischen Pflanzen werden von Weidetieren gewöhnlich gemieden, was aber in keiner Weise eine Sicherheit darstellt. Mich erreichte eine Mail, in der mir eine Pferdebesitzerin mitteilte, dass ihr schon älteres und somit vermeintlich erfahrenes Pferd am Schierling gestorben war, obwohl die Pflanze schon jahrelang längs der Weide wuchs. Vermutlich hat es die unreifen Samen gefressen. Die Giftstoffe sollen im Heu unwirksam sein. Die Symptome einer Vergiftung sind Speichelfluss, Unlust zum Fressen, kein Wiederkäuen, erst verlangsamter, dann erhöhter Puls, aufsteigende Lähmung bis zum Erreichen der Atmung, schließlich Tod durch Atemlähmung. Sauen werfen nach einer Schierlingsvergiftung missgebildete Ferkel. Die tödliche Dosis für Rinder liegt bei 4 Kg des frischen Krauts. 

Heilwirkung und Medizinische Anwendung:
Das Gift des Schierlings wirkt äußerlich betäubend und lässt die Haut empfindungslos werden. Die Pflanze wurde früher bei Krankheiten der Atmungsorgane und bei Krämpfen eingesetzt. Da es heute harmlosere Medikamente gibt, wird Schierling medizinisch nicht mehr genutzt. Eine genaue Dosierung mit der Droge ist sehr schwierig, da die heilende und die tödliche Dosis eng beieinander liegen. In der Homöopathie verwendet man eine Tinktur aus dem frischen Kraut bei Krampfhusten und Muskelkrämpfen.

Name:
Die Herkunft des Namens Schierling ist unsicher. Entweder kommt er von dem althochdeutschen Wort scern für Schirm oder er stammt von dem angelsächsischen scearn für Mist, was auf den unangenehmen Geruch der Pflanze Bezug nimmt. Weitere Namen waren Wüterich, Scharpenpiepen, Tollkerbe und Blutschierling. Der Gattungsname Conium leitet sich von der griechischen Bezeichnung koneion ab, dem damaligen Namen des Schierlings. Konos bedeutet Kreisel und weist darauf hin, dass sich ein Vergifteter wie ein Kreisel dreht. Der Artname maculatum kommt aus dem Lateinischen und heißt gefleckt.

Geschichtliches:
Die Giftigkeit des Schierlings war schon im Altertum bekannt. Der Saft wurde zu Giftmorden und zur Vollstreckung von Todesurteilen verwendet. Sokrates wurde 399 v. Chr. zum Tode durch den aus unreifen Früchten gewonnenen Schierlingssaft hingerichtet. Theophrast, Dioscurides und Hippokrates beschrieben die Wirkung der Pflanze. So schreibt Dioscurides, dass auf die Hoden aufgetragen Schierlingssaft vor sexuellen Träumen schützen soll. Er berichtet aber auch über die starke Giftwirkung der Pflanze und, dass Schierling als Schmerzmittel zu gebrauchen ist. Bei Hieronymus Bock lesen wir: "Das böß gifftig Schirlingskraut / soll umb seiner grossen kält willen (Giftigkeit) inn leib nit genommen noch gegeben werden / Eusserlich ist es wol zu brauchen inn vilen presten / gehört zu den keuschen Ordensleuten / damit sie ihr gelübd ... mögen halte" und an anderer Stelle: "Düchlein im safft oder wasser genetzt unnd obergelegt / laßt die Brüst und andere glider nit grösser oder hiziger werden ... aber solche arznei gehört inn die beschlossene Klöster zu den keuschen leuten." Noch heute findet man in der Nähe von Klöstern verwilderten Schierling, der damals in den Gärten angebaut wurde. Schierlingssaft wurde früher auch als lokales Narkosemittel verwendet, und er war Bestandteil der Hexensalben, die auf die Haut aufgetragen, das real erlebte Gefühl erzeugten, durch die Luft zu fliegen. Der Hauptwirkstoff des Schierlings, das Coniin, wurde 1831 isoliert.